Berlinale bedeutet Stars, Sternchen und Skandale. Aber die Berlinale ist noch mehr: Spiegel
des Weltkinos und Spiegel der deutschen Geschichte nach dem 2. Weltkrieg.
Es geschah 1970
und war der größte Skandal, den die Berlinale jemals erleben sollte: Ein Film
des deutschen Regisseurs Michael Verhoeven war gezeigt worden, in dem ein
vietnamesisches Mädchen von US-Soldaten vergewaltigt wird. "O.K."
hieß der Film, eine wahre Geschichte des Vietnamkrieges. Alles andere als "o.k.",
empfand der US-amerikanische Vorsitzende der Berlinale-Jury allerdings die
filmische Umsetzung des Themas. Er beklagte sich über den offenen
Antiamerikanismus, der Film wurde vom Wettbewerb ausgeschlossen. Die offizielle
Begründung: "O.K." habe nicht dem Reglement entsprochen zum
"besseren Verständnis zwischen den Völkern beizutragen." Es folgten
heftige Diskussionen, die Jury löste sich auf und das einzige mal in der immer
wieder von politischen Debatten überlagerten Berlinale wurden weder silberne noch
goldene Bären verliehen. Die Berlinale stand kurz vor dem Ende.
Die Idee für ein
internationales Filmfest in Berlin hatte ein amerikanischer Offizier. Er hieß
Oscar Marty und war "Film Officer" der US-amerikanischen
Militärregung der Alliierten in Deutschland. Das Ziel: sechs Jahre nach Ende
des 2. Weltkrieges sollte sich die in den 20er Jahren weltberühmte, nun aber
zerstörte deutsche Filmindustrie wieder zeigen können. Am 6. Juni 1951 war es
dann soweit – eröffnet wurde die erste Berlinale mit Alfred Hitchcocks
"Rebecca". Der Eröffnungsfilm gab die Richtung vor: In den 50er
Jahren waren es vor allem der Glanz und der Glamour Hollywoods, die die
Berlinale auszeichneten. Und sie kamen alle: Sophia Loren und Gina
Lollobrigida, Henry Fonda und Gary Cooper. Dass übrigens auch bei der Geburt
1951 viel Politik mit im Spiel war zeigte das Motto der ersten Berlinale:
"Schaufenster der freien Welt." Die Berlinale sicher auch gedacht als
eine Art "kulturelles Bollwerk gegen den Bolschewismus."
Eine wichtige
Veränderung aus dem Jahr 1956 führte zu einer neuen Ausrichtung der Berlinale:
Die Berlinale hatte den Status eines A-Festivals erhalten, womit aus der
Publikumsjury eine Fachjury werden konnte. Eine der Folgen: Der europäische
Film wurde entdeckt. Der Franzose Jean-Luc Godard oder der Italiener
Michelangelo Antonioni gewannen silberne und goldene Bären. Aber auch der große
Glamour blieben der Berlinale und den sich wirtschaftswundernden Deutschen
erhalten. Was heute nicht mal mehr ein Schulterzucken hervorrufen wurde, war
damals das Thema schlechthin: Dem Kurvenstar Jane Maynsfield platze 1961 das
Kleid und die internationalen Filmfestspiele hatten –vorübergehend- einen neuen
inoffiziellen Titel: Busen-Berlinale.
In den 50er und
60er Jahren nahmen keine Filme aus Osteuropa an der Berlinale teil. Der kalte
Krieg zeigte sich auch in der Kultur – nach dem Mauerbau 1961 fand die
Berlinale nur noch im Westen der geteilten Stadt statt. Dabei hatten die Macher
der Filmfestspiele einiges versucht, osteuropäische Filmemacher nach Berlin zu
holen. Erfolgreich wurden diese Bemühungen erst, nachdem Bundeskanzler Willy
Brandt mit seiner Ostpolitik neue Rahmenbedingungen geschaffen hatte.
"Wandel durch Annäherung" – dieses Prinzip galt auch für die Kultur.
Der erste Film aus der Sowjetunion war 1974 zu sehen, ein Jahr später wurde der
DDR –Film "Jakob der Lügner" gezeigt. Ungewöhnlich auch: Erstmals gab
es ein sowjetisches Jury-Mitglied.
Öffnung für das
Weltkino…
…könnte ein
Berlinale-Motto der 70er Jahre lauten, da Schritt für Schritt immer mehr Filme
aus Asien, Afrika und Lateinamerika eingeladen wurden. Das Beispiel 1976: Im
Wettbewerb gab es Filme aus dem Iran, Mexiko und Venezuela, der Volksrepublik
China und aus diverseren Ländern des Ostblocks zu sehen. "Spiegel des
Weltkinos" - diesen Anspruch gilt es bis heute einzulösen. Aber in den
70ern wurde noch vieles andere verändert: Es gab neue Sektionen, wie das z.B.
das Kinderfestival. Zum ersten mal wurde bei einem internationalen Filmfest
auch an die Kleinen gedacht – bis heute mit großem Erfolg. Außerdem wurde 1971
dass "Internationale Forum des jungen Films" gegründet. Es wurden und
werden Filme junger Filmemacher aus aller Welt gezeigt.
Nebenprogramm der
Berlinale, da hier Filme gezeigt werden, die oft nicht in die Kinos kommen,
aber dennoch sehenswert sind. Die vielleicht wichtigste Änderung kam jedoch
1978: Die Berlinale fand nicht mehr im Juni statt, sondern wurde in den Februar
verlegt. Mit der Verlegung gelang es sich vor allem aus dem Schatten des
Filmfests in Cannes zu befreien, das die Filmwelt jeweils im Mai einlädt. Das
Problem: Oft waren in Berlin nur zweitklassige Filme zu sehen. Mit dem neuen
Wintertermin sollte sich das ändern.
Heute…
"Im Kern
besteht ein Festival aus drei Elementen: seinem Programm, seiner Organisation
und seiner Atmosphäre. Und alle drei sind, wenn ich so sagen darf, auf dem
besten Wege." So formulierte das der damalige Berlinale-Chef Moritz de
Hadeln im Vorfeld der Berlinale des Jahres 2000. Das Programm zeigte sich gerne
politisch, es gab Diskussionen um Filme über den deutschen Terrorismus und
immer wieder kritische Filme über die USA. Goldene Bären wurden an Filme aus
China und Russland vergeben. Dazu kamen neue Preise, wie zum Beispiel der
"Teddy Award" – ein Preis für herausragende schwul-lesbische Filme.
Und besonders stolz ist man bis heute auf die besondere Berlinale-Atmosphäre.
Die Berlinale versteht sich nach wie vor als ein echtes Publikumsfestival. Mit Stars
wenn auch nicht zum Anfassen, dann aber doch zum Angucken.
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